24.02.2020
Verantwortungsbewusste Wohnbaupolitik

Im Zuge der Podiumsdiskussionen wie auch an den Wahlkampfständen wurde ich immer wieder befragt, wie ich mir vorstelle, den enormen Bedarf an Wohnraum in Unterschleißheim zu bewältigen und vor Allem, wie hierbei auch bezahlbarer Wohnraum entstehen kann.
Im Zuge der Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes vor einigen Jahren haben wir 15 Flächen identifiziert, welche sich mehr oder weniger für die Entwicklung von Wohnquartieren eignen würden. Der zu erwartende und teilweise auch eigetroffene Protest der angrenzenden Nachbarschaften veranlassten eine Mehrheit im Stadtrat aus Angst vor Wählerstimmenverlust jedoch diese Flächen wieder in der Schublade verschwinden zu lassen.
Kommunen besitzen etliche Steuerungsinstrumente, um Ortsentwicklung zu planen und zu beeinflussen. Als Beispiele seien das Vorkaufsrecht und die Planungshoheit genannt. Die Stadt kauft immer wieder Grundstücke, welche dann einer Umwidmung zugeführt werden. Verantwortungsbewusste Politik funktioniert aber nur, wenn neben dem verständlichen Wunsch durch Gewerbesteuereinnahmen den Stadtsäckel zu  füllen, auch nach dem Prinzip der Ausgewogenheit Wohnungsbau mit allen Nebenerscheinungen betrieben wird. Leider ist auf diesem Feld in den letzten Jahren fast gar nichts passiert. Der immer dramatischer  werdenden Situation auf dem Wohnungsmarkt, dem Fachkräftemangel und dem Verkehrschaos durch Arbeitsplatztourismus muss endlich mit großer Anstrengung entgegengewirkt werden.
Um die Preise für Grund- und Boden nicht weiter explodieren zu lassen, haben schon etliche Kommunen angefangen, die erworbenen Grundstücke nach der Umwidmung nicht mehr auf dem freien Markt zu Höchstpreisen zu verkaufen, sondern diese gezielt in Erbpachtmodellen für den freien wie auch den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. So können kostengünstig Wohnungen entstehen und die Stadt nimmt trotzdem am Wertschöpfungsprozess teil und verliert keine Eigentumsrechte. Spekulationsvorgänge sind hierbei nicht möglich und die Grundstückspreisspirale wird durchbrochen. Wohnraum auch für  niedrigere Einkommen muss nicht mit großem bürokratischen Aufwand über zig Zulagen subventioniert werden, sondern steht einfach zur Verfügung.
Mit dem Einheimischenmodell an der Neufahrner Straße passierte genau das Gegenteil. Der durch die Stadt erworbene Grund wurde zu einem Schleuderpreis von 565€/m² an eine kleine ausgesuchte Gruppe von Bürgern ohne soziale Notwendigkeit zu einer Zeit unter Wert verkauft, als die freiverkauften Grundstücke bereits 1.450€ gekostet haben. Eine solche Ungerechtigkeit kann man dem steuerzahlenden Bürger kaum vermitteln und für die Stadt sind diese Grundstücke und die Wertschöpfungsgewinne verloren. Ein „echtes“ Einheimischenmodell sieht für mich anders aus. Um besonders jungen Familien die Gelegenheit zu geben, sich in Unterschleißheim dauerhaft eine Bleibe zu schaffen, sollte z.B. das durch die Stadt im Jahr 2015 erworbene landwirtschaftlich genutzte Grundstück am östlichen Rand von Lohhof-Süd zu einem allgemeinen Wohngebiet umgewidmet werden. Bereits im Jahr 2013 habe ich im Zuge des Bürgermeisterwahlkampfes hierfür einen Bebauungsvorschlag entwickelt, der zudem das Problem des Durchfahrtsverkehrs in Lohhof-Süd gelöst hätte. Außer einer Kopie meines seinerzeitigen Entwurfes durch einen anderen von der Stadt beauftragten Architekten ist bis heute nichts geschehen. Die dort zur Verfügung stehenden etwa 100  Reihenhausparzellen sollten in Erbpacht an junge Familien vergeben werden. Neben den üblichen Kriterien wie Einkommenshöchstgrenzen, Dauer des bisherigen Aufenthalts am Ort und Zahl der Kinder sollte auch die Bindung an einen Arbeitsplatz in Unterschleißheim einfließen. Und auch die in der Planung angedachten Geschossflächenwohnungen im Osten des Quartiers könnten durch günstige Herstellungskosten von dem Erbpachtmodell profitieren. Zudem sollten dem Bauträger für dieses Entgegenkommen eine bestimmte Anzahl von Wohnungen mit Sozialbindung auferlegt werden. Das verstehe ich unter einer verantwortungsbewussten Wohnbau- und Ortsentwicklungspolitik.

Martin Reichart
Ihr Bürgermeisterkandidat
Freie Wähler / Freie Bürgerschaft